Es ist kein Tag wie jeder andere – der Tag der Toten wird in ganz Cusco gefeiert. Von morgens bis abends rollen die Autos zu den Friedhöfen in der Umgebung. Es bilden sich Staus, die Autovermietungen sind ausgebucht. Nachdem am 1. November die Lebenden gefeiert wurden, ist es am 2. November Brauch, verstorbene Familienmitglieder auf dem Friedhof zu besuchen. Dieser Besuch gestaltet sich jedoch anders, als man es als Deutscher erwartet.
Anstatt Stille und Trauer begrüßt einen schon vor den Friedhofstoren buntes Treiben. An den Straßenrändern und auf den Plätzen wird alles verkauft, was es an diesem Feiertag braucht. Über Blumen für die Gräber, Mittagessen für die hungrigen Friedhofsbesucher, Luftballons für die Kinder und Rasierer für diejenigen, die keine mehr zu Hause haben, ist alles dabei.
Jede Familie kauft, was sie braucht und sucht dann das Grab oder die Gräber ihrer Verwandten auf. Mit Wasser, Toilettenpapier und halben Limetten wird das Grab geputzt und mit frischen Blumen geschmückt. Danach wird im Stillen für die Seele der Verstorbenen gebetet und weiter geht es zum nächsten Friedhof.
Es gibt unterschiedliche Arten von Gräbern. Manche sind in ein eine Betonwand eingelassen. Die Särge werden übereinander mit dem Kopfende zuerst in die Wand eingelassen. Wenn der Beton am Fußende getrocknet ist, wählt die Familie das Dekor eines Fensters aus, das den Grabschmuck enthält. Ganz individuell werden Fotos des Verstorbenen dort hinein gestellt, Christusfiguren, Blumen, oder sogar das Lieblingsessen des Verstorbenen. Diese Grabfenster, genannt nichos, gibt es auch in kleineren Formaten, wenn von dem toten Körper nur noch die Knochen übrig sind oder nur die Asche des Verstorbenen aufbewahrt werden soll.
Eine andere Begräbnisvariante ist die Beisetzung in der Erde. Der Sarg wird ähnlich wie in Deutschland in die Erde eingelassen und ein Grabstein an das Kopfende des Einzel- oder Familiengrabes gesetzt. Am Tag der Toten besucht man die verstorbenen Verwandten und verbringt als Familie Zeit am Grab. Es wird optional eine kleine religöse Zeremonie durchgeführt, die Wiese wird an der Stelle wo der Körper unter der Erde liegt mit Rosenblättern geschmückt und der Verstorbene erhält sein Lieblingsessen oder Getränk, während die Familie gemütlich um das Grab herum picknickt. Die Stimmung auf dem Friedhof ist zwar andächtig, aber gleichzeitig gemütlich und fröhlich. Es ist möglich, herumlaufende Musiker zu buchen, die dem Toten ein Ständchen bringen oder selbst zu singen oder vorzuführen, um die Seele des Toten zu erfreuen. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit leeren sich die Friedhöfe wieder und es kehrt Stille ein bis zum November im nächsten Jahr…